1970er – 1980er
„Mir ist es egal, wie teuer etwas ist, solange es schön ist.“
Ossie Clark 1970
Die Siebziger
In den Siebzigern lebten die sozialen Werte und Vorstellungen der 60er Jahre weiter und es kam zu Ereignissen wie der erste „Tag der Erde“ oder die Antikriegsbewegung angesichts des Vietnamkrieges. Neue Musikgenres beeinflussten die Mode, die sich nun dem androgynem Glam Rock und Discoglamour verschrieb. Auch das selbstständige Nähen fand unter den Frauen großen Anklang. Gegen Ende des Jahrzehnts wurde Margret Thatcher zur Premierministerin gewählt und prägte dadurch die nachfolgenden Jahre in Sachen Mode der international erfolgreichen Frauen.
Kunst und Kultur
Die Siebziger Jahre waren das Jahrzehnt der Disco-Musik mit Pop-Gruppen wie Abba und den Bee Gees. Der Film „Saturday Night Fever“ wurde zum Kult und beeinflusste den Disco-Modestil wie kein anderer. David Bowie und Gary Glitter verkörperten den Glam Rock mit skandalösen und ungesehen Outfits. Zum ersten Mal wagten sich auch Männer an Make-Up und bunten Outfits heran; Catsuits, Bodypainting und ein androgyner Stil symbolisierten den Glam Rock-Stil.
Die Punks
Die Anarchie-Bewegung kam ebenfalls verstärkt während der 70er Jahre auf. Die Punks sahen sich als Anti-Fashion-Gruppierung mit aufgeschnittenen und abgeänderten Klamotten, Doc Martins, Piercings, Ketten, Sicherheitsnadeln und Vorhängeschlössern. Die Haare zum Irokesenschnitt gewandelt und mit knallig bunten Farben gefärbt. Schottenkaros und Nieten galten bei den Punkrockern als Anti-Fashi -Statement und völliger Gegensatz zum Disco-Glamour. Der Punkstil war dabei mit der Punkmusik einhergegangen.
Die Sex Pistols und Malcolm Maclaren als Manager schlugen während der 70er Jahre ein und wurden unglaublich erfolgreich. Maclaren heiratete Vivienne Westwood und eröffnete mit ihr den Shop „Sex“ in der Kings Road, London, der die Band von Kopf bis Fuß einkleidete. Als der Leadsänger Sid Vicious mit 22 Jahren verstarb, sang Johnny Rotten schließlich im „Sex“-Store vor und ersetzte Vicious. Die Regierung sah die Sex Pistols damals als schlechten Einfluss und Gemeinderäte verboten sogar einige Auftritten der Band in ihrer Region.
Form und Silhouette
Nach dem Minirock waren Hotpants das Trendunterteil der Siebziger, wobei der Rock immernoch gerne kurz gehalten wurde. Daneben wurden vor allem Schlaghosen, Maxi-Röcke, Taillenhosen und Catsuits mit Nackenbänder getragen. Generell lebte der Hippie-Trend aus den Sechzigern mit Fransen sowie Knüpfbatik-Shirts weiter. Minikleider wurden größtenteils zu langen Mänteln kombiniert, die dem Ganzen seinen Siebziger-Flair gaben. Neben der Mini- und Maxi-Länge machte sich ebenfalls die Halblänge breit, sodass Frauen die Auswahl über drei verschiedene Längen blieb. Das Studio 54 beeinflusste den Stil der Siebziger maßgebend mit langen, fließenden Stoffen und Fledermausärmeln, die im Gegensatz zu den enganliegenden Hotpants standen. Der Glam Rock inspirierte zu Taillenhosen sowie Satin- oder Jeans-Schlaghosen.
Strass, Pailletten und Straußenfedern zierten die Kleidung als Hauptverzierungsmittel und Kaftans, Kimonos und Turbane hielten sich ebenfalls weiter in den Siebziger Jahren.
Denim und besonders Levi´s-Jeans wurden unglaublich populä, und waren enganliegend in der Taille und weit im Aufschlag unten, auch wurden Stretchjeans erstmals getragen.
1971 kam die neue Kleidform des Jersey-Wickelkleids von Diane von Furstenberg auf den Markt, welches sich perfekt für das Berufs-, Party- und Freizeitleben der Frauen eignete.
Spitzenblusen und schulterfreier, abfallender Ausschnitt sowie Röcke mit verschiedenen Lagen von YSL ließen den bäuerlichen Look des 17. Jahrhunderts aufleben. Als anderes Kleidungsstück machte der Trikotanzug von sich reden, der häufig in bunten Farben getragen wurde und die Disco-Szene aufmischte.
Accessoires
Plattform-Schuhe wurden erstmals 1971 eingeführt und von da an essentiell bei der Schuhmode für Frauen und modebewusste Männer. Clogs waren die nächsten Trendsetter aufgrund ihres klobigen Looks sowie Fransen an allen vorstellbaren Accessoires und Seidentücher.
Männermode
Farbige Anzüge waren das Must-Have des Seventies-Mannes, unter dem Motto: Je kräftiger und bunter, desto besser. Lebhafte Farben und Muster bestimmten die Shirts und Hemden, die vornehmlich mit weitem offenen Kragen getragen wurden. Der Dreiteiler-Anzug war ebenfalls nicht mehr wegzudenken in der Männermode, das gleiche galt für weite Schlaghosen und Westen. Für den Casual Look wurden grobe Strickcardigans und lange Lederjacken mit ausgewaschenen Jeans aus dem Kleiderschrank geholt. Durch TV-Shows wie „Starsky and Hutch“ wurde der Männermodentrend der Siebziger popularisiert und die Idee des feminineren Looks für Männer geprägt.
Die Ikonen
Debbie Harry war die Punkikone schlechthin mit gefärbtem Haar in verschiedenen Blondtönen und stürmte 1976 die Charts mit dem Debütalbum ihrer Band Blondie. Die erste Ehefrau Mick Jaggers, Bianca Jagger, war ebenfalls eine Ikone des Jahrzehnts und eine enge Freundin Andy Warhols sowie Dauergast im Studio 54. Sie begeisterte in langen, drapierten Kapuzenkleidern und Jumpsuits und verkörperte den Seventies-Glamour beispielhaft. Lauren Hutton war mit ihrer Zahnlücke eines der gefragtesten Supermodels und eine erfolgreiche Schauspielerin, unterschrieb 1974 sogar einen Kosmetikwerbevertrag mit Revlon und besuchte ebenfalls das Studio 54.
Die Designer
Ossie Clark
Nach seinem Studium am Londoner Royal College of Art startete Ossie Clark in den 60ern durch und wirkte maßgebend bei der Mode der Swinging Sixties mit. Zusammen mit seiner Frau Celia Birtwell entwarf er Kleider, die sich frei bewegten und den Träger nicht einschränken sollten. Inspiration nahm er von seiner Liebe zum Tanzen. Dieser Stil wurde prägend für die Siebziger und lässt sich größtenteils auf Clarks Designs zurückführen.
Giorgio Armani
1975 gründete Giorgio Armani mit einem Freund sein Label Giorgio Armani Spa in Mailand. Nach großem Erfolg folgte schließlich die Gründung von Giorgio Armani Corporation und die Herstellung für den US-amerikanischen Markt. Armani machte während der 70er ebenfalls den Samtstoff salonfähig.
Missoni
Von Ottavio und Rosit Missoni 1953 gegründet, brachte das Label es erst in den Siebzigern zu seinem Namen. Missoni stand für seine Strickwaren, Muster und abstrakten floralen Prints, die damals ein großer Trend waren.
Sonia Rykiel
Sonia Rykiels Stil war in den Siebzigern besonders auf dem amerikanischen Markt gefragt. 1974 entwarf sie eine Reihe von Designs, die anders und individuell, aber dennoch tragbar waren, sowie den ersten Pullover mit umgedrehter Naht. Ihre Entwürfe beeinflussten maßgebend die Siebziger-Mode mit langen Schals, Strickwaren, Strass und dunklen Farben.
Kenzo Takada
Kenzo Takada sah seinen ersten großen Erfolg in den Siebziger Jahren. Verschiedenste Kulturen gaben ihm seine Inspiration und er mischte westliche und orientalische Richtungen miteinander. Unübliche Prints und fließende Linien sprachen vor allem die jungen Käufer an. Seine Schauen enttäuschten nie und hatten immer etwas theatralisches, wie etwa seine Shows im Jahr 1978 und 1979, die in einem Zirkuszelt abgehalten wurden.
Bottega Veneta
Der italienische Luxus-Lederwarenhersteller wurde 1966 von Michele Taddei und Renzo Zengiaro gegründet. In den späten 60ern und frühen Siebzigern entwickelten Bottega Venetas Fachmänner die besondere Lederwebtechnik ‘intrecciato’, die zum Markenzeichen des Labels wurde. Mit dem Slogan „Wenn die eigenen Initalien genug sind“ und dem Verzicht auf ein plakatives Logo auf den Produkten wurde Bottega Veneta schnell erfolgreich und populär.
Comme des Garcons
Rei Kawakubo gründete das Label 1973 und machte Tokio damit ein Stück mehr zu einer Modehauptstadt. Monochrome Farben waren dabei typisch für Comme des Garcons sowie unübliche Elastik und Schnitttechnik der Stoffe.
Diane Von Furstenberg
Mit ihrer Erfindung des Wickelkleids in den frühen Siebzigern machte sich Diane Von Furstenberg schnell einen Namen. Nach ihrem Studium in Geneva heiratete sie 1969 Prinz Egon Von Furstenberg und zog nach New York. Durch ihren neuen gesellschaftlichen Status und ihrem Geschäftssinn setzte sie bald leicht einen Fuß in die Modewelt. 1972 eröffnete sie ihren ersten Showroom in der Seventh Avenue und schaffte es sogar auf das Cover der Newsweek. Ihr Erfolg und Talent hält bis heute an.
Prada
Mario Prada gründete sein Label zunächst 1913 als Lederwarenhersteller. In den 70ern übernahm seine Enkelin Muccia Prada das Unternehmen und gab eine völlig neue Richtung vor. Mit dem Gang in die High Fashion kam der unaufhaltsame Trendstatus der Marke. Muccia Pradas Rucksäcke, die sie 1979 entwarf, waren dabei der erste kommerzielle Erfolg von Prada.
Einzelhandel
Van Allen
In den Siebzigern bewegte sich die Wirtschaft vermehrt von einzelnen Boutiquen zu großen High Street-Stores und Handelsketten. Marktführer war dabei Van Allen als High Street Gigant und ist heute mit Topshop vergleichbar.
Chelsea Girl
Chelsea Girl platzierte sich im günstigeren Preissegment und richtete sich an die jungen Einkäuferinnen. Aus Chelsea Girl geht heute River Island hervor und kann ebenfalls mit dem Retailer New Look verglichen werden.
Biba
Biba war einer der angesagtesten Shops der Siebziger, sodass das Unternehmen seinen Standort ins Derry and Tom’s-Kaufhaus verlegte und mit unzähligen Käufern wöchentlich gleichsam zu einer Londoner Attraktion wurde. Die Sunday Times beschrieb den Shop einst als „schönster Store der Welt“.
Liberty
Der britische Department Store Liberty wurde 1875 von Arthur Liberty gegründet. Der in der Regent Street lokalisierte Shop bot anfänglich Stoffe, Ornamente und andere Produkte aus Japan und dem Orient an. Qualität und reiches Angebot stehen für den Erfolg des Unternehmens. Zum Einhundertjährigen Jubiläum ehrte das Victoria and Albert Museum den Einzelhändler sogar mit einer riesigen Ausstellung in 1975.