1920er – 1930er
„Mode existiert nicht nur in Form von Kleidern. Sie ist im Himmel, auf der Straße, verbunden mit Ideen und zeigt wie wir leben und was geschieht.“
Coco Chanel
Die Zwanziger
Das Jahrzehnt der Zwanziger sah enorme Veränderungen vor sich: Frauen schockierten ihre Männer als der Saum in die Höhe stieg und es machte sich der s.g. Flapper-Stil machte breit, mit kurzen Röcken, kurzem Haar sowie neuer Lebensweise junger, kecker Frauen.
Großes Entertainment boten besonders die USA, ansteigende Verbote und Kriminalität jedoch ebenfalls. Make-Up wurde so populär wie noch nie, welches die Flapper-Girls zu ihren jungenhaften Kurzhaarschnitten und Unterkleidern provokativ trugen.
Kunst und Kultur
Die Zwanziger gelten heute besonders als Jazz-Ära. Louis Armstrong und Duke Ellington waren dabei die Größen der Musikbranche.
Die Art déco-Bewegung beeinflusste die Architektur maßgebend mit linearen Linien zur Formgebung der Gegenstände, die zuletzt auch die Mode umfasste: linienhafte, viereckige oder pyramidenförmige Muster und kurze, strukturierte Kleider waren das Aushängeschild der Zwanziger.
Am 13.Januar 1923 heiratete Lady Elizabeth Bowes Lyon, bekannt als Queen Elizabeth, The Queen Mother, ihren Duke of York. Ihr Kleid war ganz im Stil der Zeit, gerade und formlos gehalten und von der ehemaligen Schneiderin der Königin Mary, Madame Handley Seymour, entworfen worden. Mit ihren unfehlbaren Auftritten in der Öffentlichkeit erhielt die Königin sogar den Titel „Die lachende Herzogin“.
Die Prohibition
In den Zwanzigern kam es in den USA zum landesweiten Verbot der Herstellung, des Transports und des Verkaufs von alkoholischen Getränken. Entgegen der erhofften Idee dieses Staatsbeschlusses von weniger Kriminalität, geringeren Steuern und allgemeiner Gesundheitsbesserung stiegen Schwarzmarkt und organisierte Verbrechen drastisch an.
Eine Undergroundszene mit s.g. Flüsterkneipen tat sich auf, die illegalen Alkoholausschank betrieben. Al Capone wurde der bekannteste Name unter den Verbrecherbanden und Herr über die amerikanische Unterwelt mit Geschäften wie Prostitution und illegalem Alkoholhandel. Seine teuren und exklusiven Zweireiher-Anzüge waren sein Markenzeichen. Zu Capones weiteren Ausstattung gehörten Hosenträger, Filzhut und Manschettenknöpfe sowie Ringe und Armbanduhren.
Der Flapper Style
Besonders die Damenmode unterzog sich während der Zwanziger Jahre einem drastischen Wandel. 1926 debütierte mehr und mehr der s.g. Flapperstil. Der neue androgyne, männliche Look stand damit im völligen Gegensatz zum ladylike, prüden Look der Jahrzehnte zuvor. „Jungenhafter Bob“ und „Garconne Kleid“ beschrieben den typischen Kurzhaarschnitt und die kurzen, formlosen Schichtkleider mit primär schmaler Brust. Auch das Tragen von Make-Up galt als rebellisch und unterstrich die beginnende Unabhängigkeitsstimmung
der vor allem jungen Frauen. Ausschweifend tanzend und rauchend fand man sie häufig in Jazz-Clubs.
Copyright © AFP/Collection Roger-Viollet – La Mode de Ascot (UK) – 1925
Form und Silhouette
In den Zwanzigern wurde der Modestil in seinen Formen und Stoffen glatt und sophisticated. Dünne Spaghetti-Träger, Schichtkleider und fehlende Silhouette ließen die Frauen mit ihren Reizen spielen. Aufgrund der einfachen Form der Kleider konnte man ganz leicht den Look zuhause selbst entwerfen,
sodass auch der Mittelstand modisch mithalten konnte. Die Nachtkleid-ähnlichen Kleider wurden dabei bevorzugt beim Tanzen in Jazz-Clubs getragen. Kurzes Haar, verschwindende Kurven und vereinfachte Linien machten den Stil der Zwanziger aus.
Männermoden
Die Männermode der Zwanziger zeichnete sich durch ihren klassischen Stil aus: Eine perfekte Passform war das Hauptkriterium. Nicht nur in der Stadt, sondern auch in allen anderen Gegenden wurde der konservative Anzug zum alltäglichen Outfit. Schmale Schultern und eine enganliegende, hohe Silhouette definierten den damaligen Anzugstil, der besonders in Jazz-Kreisen zelebriert wurde. Enge Hosen, Jackenaufschläge, s.g. Oxford Bags und weiter Hosenschlag, um die darunter getragenen Knickerbockers zu verdecken, wurden zum neuen Trend. Das Jackett wurde kürzer, lediglich zu formellen Anlässen wurden die langen Versionen aus dem Schrank geholt.
Als Lieblingsaccessoire der Gangster durften Filzhüte ebenfalls nicht auf den Köpfen der Männer fehlen, dazu feste Lederschuhe zum Tageslook, mit anderen Worten galt Al Capones Kleidungsstil als der Zwanziger Jahre-Männerlook schlechthin.
Accessoires
Accessoires der Zwanziger wurden extravagant und opulent gehalten, Ägypten- und Art Deco-Inspiration dominierten dabei den Look. Perlenbesetzte Taschen, Federboas und geschmückte Kopftücher waren die Must-Haves zum Abend-Dress.
Coco Chanel machte Perlen zum Blickfang und neuen Lieblingsmaterial. Zigarettenhalter und -etuis waren das neue Statement der rauchenden Frauen geworden. Die Schuhe wurden vorne runder statt spitz und mit einem 5 cm-Absatz schon als High Heel gesehen.
Hüte mit Krempen und später ab Mitte der Zwanziger auch randlos galten als elegant und modisch, zwangen die Frauen jedoch zu Kurzhaarschnitten und ließen wenig Sichtmöglichkeit.
Die Ikonen
Mit dem Rückgang der Stummfilme und dem Aufkommen der Tonfilme wurden die „sprechenden“ Filmstars bald zu Ikonen. Clara Bow galt als das „It-Girl“ der Flapper-Frauen. Josephine Baker als erster afro-amerikanischer Filmstar sowie Hollywood-Liebling Greta Garbo standen ihr dabei in nichts nach. Die deutsche Sängerin und Schauspielerin Marlene Dietrich war die höchstbezahlte Aktrice der damaligen Zeit und verkörperte den 20er-Jahre-Look wie keine andere.
Die Designer
Coco Chanel
Coco Chanel gilt als eine der einflussreichsten Designer der 20er Jahre und der nachfolgenden Jahrzehnte. Sie war führend beim Flapper-Stil und verband Eleganz mit Besonderheit und Andersartigkeit. In Basic-Farben wie schwarz, navyblau, cream oder weiß hielten sich ihre Tweet- und Jersey-Designs und dienten eher der alltäglichen Easywear. Revolutionären Status erhielt besonders ihr erstes „Kleines Schwarzes“, das bis heute immer wieder neu interpretiert wird.
Jeanne Lanvin
Mit einem Couture-Haus, das Mutter-/Tochterkleidung führt, erlangte Jeanne Lanvin ihren Durchbruch. Ihre Stilessenz spiegelte die schillernde und glamouröse Zeit der Zwanziger in verzierten und kompliziert geschnittenen Designs wider. Lanvin war nach Einführung ihrer Männermodenlinie 1926 der erste Couturier, der Kleidung für die gesamte Familie anbot. Ihr Markenzeichen war und bleibt aufwendige Bestickungen und Verzierungen, die Schlüsselpunkt des Zwanziger Jahre-Stils darstellen.
Einzelhandel
Neiman Marcus
Das Texaner High-End-Kaufhaus öffnete seine Türen erstmals 1907. Zwanzig Jahre später war der Erfolg und die Bekanntheit so groß, dass das Unternehmen ohne Aufhalten expandierte und sogar erstmals in den USA wöchentliche Modeschauen zur Präsentation der Ware veranstaltete. 1929 nahm Neiman Marcus Menswear ins Sortiment auf und ist heute neben anderen Luxuskaufhäusern wie Saks Fifth Avenue, Barneys und Bloomingdales führend.
Saks Fifth Avenue
Das luxuriöse Saks Fifth Avenue-Kaufhaus wurde 1897 gegründet. Mit dem Übergang an das Gimbel Brothers Inc-Unternehmen wurde Saks Fifth Avenue 1924 in New York City eröffnet. Einige Jahre später folgten Stores in Southampton, Chicago und Miami Beach. Nationale Präsenz und Exklusivität machten das Kaufhaus bald zum angesagtesten Shoppingziel und heute noch führend im Luxuswarenhandel.
Filme
Die Zwanziger inspirierten die moderne Filmwelt nachhaltig. Der 1987 produzierte Film „Die Unsterblichen“ zeigt das Leben von Al Capone und die Ära der klassischen Gangster, deren Film-Garderobe kein Geringerer als Giorgio Armani designte.